TOPS UND FLOPS: Aktuelle Entwicklung bei Smartphones

14.03.2012 (cr)

Huawei Ascend D Quad mit vier Prozessorkernen

Auch 3D-Aufnahme ist bei modernen Smartphones kein Tabu

"Clouding" erfasst auch die Smartphone-Welt

Alles "clever and smart" in der neuen Mobiltelefon-Welt, beinahe jedes Handy darf sich mittlerweile "Smartphone" nennen, und dieser Titel adelt das mobil funkende Endgerät zu einem multifunktionalen Alleskönner: Fotografieren, Videos drehen, E-Mail-Management, Social Networking, Cloud-Nutzung, einfache Hausnetzwerk- und Hot Spot-Nutzung dank WiFi, Unmengen an Apps für die Individualisierung und Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten - dem Treiben sind kaum Grenzen gesetzt. Übrigens: Ja, man kann mit den Kleincomputern auch noch telefonieren, da können sich die mittlerweile bis zu vier Prozessorkerne kurz ausruhen, ehe der Besitzer nach Beenden des Telefonats die nächsten Apps öffnet.

Also schöne neue Welt? In einigen Teilen schon, aber es gibt auch immer wieder Ärgernisse, die die Freude am smarten Phone nachhaltig trüben können. Zu nennen wäre da zunächst ein schon seit Generationen bekanntes, aber nicht behobenes Problem: Akku-Laufzeit. Es dürfte klar sein, dass mehrere Faktoren die Akku-Leistung negativ beeinflussen:

Größere Displays brauchen Strom - selbst wenn sie, wie z.B. beim Samsung, sehr effektiv arbeiten

Nicht immer ist der Akku leistungsstark genug

  • Multifunktionalität und Multitasking: Meist sind mehrere Programme geöffnet, man nutzt eines, andere laufen im Hintergrund. Dieses "Übel" ist zu eliminieren, in dem man nicht benötigte Programme schließt.
  • Anderes Nutzungsverhalten: Das Smartphone wird völlig anders genutzt als das Handy früher: Man fotografiert, geht ins WiFi-Netz, dreht Videos, harrt auf Facebook aus, liest die neuen Twitter-Nachrichten, ruft E-Mails ab, lädt Inhalte auf eine Cloud hoch und von der Cloud herunter - kurzum, das Smartphone ist nahezu immer im Einsatz. Oft ist der Akku des Gerätes aber nur für sporadische Nutzung ausgelegt, wer viel hoch- und herunter lädt, viel im Internet surft, längere Videos dreht und WLAN, GPS und Bluetooth ständig aktiviert hat, darf nach einem dreivierten Tag, manchmal sogar schon nach 4 Stunden wieder aufladen. 
  • Größere Displays: Klar, ein 4,3 Zoll messendes Display ist toll - man kann sogar Videos anschauen oder das Smartphone als e-book-Reader nutzen. Aber - trotz aller Stromspar-Beteuerungen der Hersteller dürfte klar sein, dass ein großes Display auch Strom zieht, zumal man bei starkem externem Lichteinfall meist die Helligkeit hoch regelt. 
  • Mehr Grafik- und Prozessorleistung: 800 MHz oder 1 GHz ist bei günstigeren Smartphones der Mittelklasse längst Standard, teurere Modelle arbeiten mit Dual Core oder sogar (seit dem Mobile World Congress 2012) Quad Core Prozessoren. Auch verlangen die immer aufwändigeren Games nach besseren Grafiklösungen.

Insgesamt ist zu bedauern, dass nur wenige Smartphones trotz angeblicher großer Anstrengungen der Hersteller so viel Akkuleistung aufweisen, dass anderthalb Tage Nutzung bei eifrigem Gebrauch möglich sind. 

Der Akku alleine ist es ist, der das angenehme Zusammenleben mit dem geliebten Smartphone vehement vermasseln kann - es gibt noch ein zweites Problem, von dem viele Telefone betroffen sind, und dies ist der Wechsel von UMTS/3G zu Edge/2G. Wenn ein Gebiet auf der Grenze liegt, und man z.B. im Auto oder Zug unterwegs ist, oder sogar das Pech hat, in einem "Grenzgebiet" zu wohnen, dann ist ständiger Ärger vorprogrammiert, denn viele Smartphones "springen" zwischen schwachem  3G und stärkerem 2G Signal hin- und her, und währenddessen wird weder eine Internetseite aufgerufen, noch ist es möglich, Mails von den Accounts abzurufen. Noch schlimmer ist es, wenn ein Smartphone einmal in einem Gebiet mit schlechter Netzabdeckung einmal ganz das Signal verliert - nach unseren Testreihen vergehen bis zu 10 Minuten (!), bis sich das Snmartphone wieder neu einwählt, und nicht selten ist ein Neustart die einzige Alternative. Selbst dann, wenn man z.B. unterwegs ist und längst wieder gute Netzdeckung herrscht (dies kann man sehr gut anhand älterer Handys sehen, diese zeigen längst wieder vollen Empfang an), sind die Smartphones noch nicht zu gebrauchen - ein echtes Ärgernis. Da wir gerade beim "Meckern" sind - müssen viele der eingebauten WiFi-Module derart empfangsschwach sein, dass man sich am besten gleich neben dem Hot Spot oder Router aufbaut? Das kann nicht das gewünschte Ergebnis sein, auch hier wünschen wir uns Nachbesserung. 

Smart Share-Funktionen werden immer beliebter

Gut funktionieren mittlerweile verschiedene Sharing-Systeme - man kann einfach Fotos oder Videos, die mit dem Smartphone aufgezeichnet wurden, über den streamingfähigen Flachbildschirm oder über den Blu-ray-Player anschauen - Voraussetzung: TV/BDP und Smartphone befinden sich im selben Netzwerk. Manche Smartphones verfügen sogar über einen microHDMI-Anschluss oder lassen sich mittels optional erhältlichem HDMI-Adapter für die Direktverbindung zu anderen Devices ausrüsten. Sehr interessant ist das z.B. von Onkyo in die 2012er AVRs integrierte MHL (Mobile High-Definition Link). Dieses System erlaubt kompatiblen Mobiltelefonen und anderen elektronischen Komponenten den einfachen Anschluss an den AV-Receiver, um Videos und Bilder, die auf dem Mobilgerät gespeichert sind, auf dem HD-Flachbildschirm mit 1080p und mit bis zu 7.1/7.2 Surround zu genießen. Auf dem MWC waren auch Smartphones mit MHL zu sehen 

Mit MHL: Onkyo TX-NR515

Mit MHL: LG Optimus 3D Max

Große App-Auswahl im Android Market

Auch eine Folge der schönen neuen Smartphone-Welt sind sehr häufige Updates, und diese betreffen beileibe nicht nur die Betriebssysteme der Geräte - hier ist mittlerweile sogar ein recht hoher Standard erreicht, zwar gibt es ab und zu noch "Verschlimmbesserungen", aber diese haben abgenommen -, sondern in erster Linie Apps von Drittanbietern, die im App Store von Apple, auf dem Android Market etc. erworben werden. Hier muss man beklagen, dass viele Updates nicht nur nichts bringen, sondern sogar zu permanenten Abstürzen des jeweiligen Programms führen. Etwas mehr Sorgfalt seitens der App-Entwickler und härtere Kriterien für die Markt-Freigabe wären hier wünschenswert.

Noch etwas Verwirrung beim unbedarften Anwender stiften die verschiedenen Smartphone-Betriebssysteme. Wie der ewige Kampf Mac versus Windows in der PC-Welt tobt in der Smartphone-Welt der Kampf Apple iOS versus Google Android. Andere Betriebssysteme haben kaum noch Relevanz, Windows Phone wird in erster Linie nur von Nokia gepusht, es gibt nur noch vereinzelt von HTC oder Samsung Geräte mit diesem Betriebssystem. Exoten wie MeeGo oder Maemo kommen kaum zum Einsatz, Symbian ist praktisch tot, und auch mit großem Aufwand selbst entwickelte Betriebssysteme wie Samsungs bada sind zwar gut, können sich aber auf dem Markt nicht durchsetzen. Blackberry fährt mit eigenem Betriebssystem aufgrund der Optimierung für große Unternehmen nach wie vor Erfolge ein, aber aufs Ganze gesehen wird Android über kurz oder lang das beherrschende Betriebssystem sein, daran kann auch Apple nichts ändern, schlichtweg, weil Android von vielen Herstellern genutzt wird und Apple mit seinem iOS nach wie vor eine zwar erfolgreiche, doch aufgrund des Ein-Unternehmen-Nutzungskonzepts trotzdem begrenzte Insellösung anbietet. Fest steht auch: Der Smartphone-Hersteller, der überhaupt nicht auf Android setzt, wird sich beim Endkunden über kurz oder lang ins Abseits schießen. Blackberry-Hersteller RIM überlegt derzeit noch, auch mit ins Lizenzierungs-Business einzusteigen, um einen Gegenpol zu bilden - OS10 wird möglicherweise auch anderen Herstellern angeboten. Allerdings ist OS10 erst auf Ende des Jahres terminiert. A propos Betriebssysteme - dem Anwender muss klar sein, dass moderne Smartphones kleine Computer sind, mit allen Vorteilen (hoch flexible Nutzung), aber auch allen Nachteilen (gelegentliche Abstürze und anschließende System-Neustarts sind vorprogrammiert). 

Grund für Verärgerung bieten auch Kleinigkeiten. Wieso muss man gleich den Akkufachdeckel öffnen, den Akku herausnehmen, also folglich zuvor auch das Smartphone komplett ausschalten, wenn man nur de microSD-Karte entfernen oder tauschen möchte? Ein kleiner Slot an der Seite des Smartphones ist hier die folgerichtige Lösung - zumal viele Akkudeckel derart labil ausgeführt sind, dass man ohnehin in permanenter Angst lebt, ihn beim nächsten Öffnen zu zerstören. Die Verarbeitung selbst teurer Smartphones ist teils auf erschreckendem Niveau, billiges Hartplastik, schlecht gemachte Hochglanz-Oberfläche billigstes Alu-Imitat als gut gemeinter, aber schlecht gemachter Kontrast zum schwarzen Gehäuse. 

Die Leistungsfähigkeit der Kamera ist oft erfreulich hoch

Selbst bei geringem externem Lichteinfall sind noch brauchbare Ergebnisse möglich - allerdings ist dies in erster Linie bei hochwertigen Smartphones der Fall

Natürlich kann man sich auch über viele Dinge freuen - wie zum Beispiel über bessere Kameraleistungen. Nach wie vor sollte man sich nicht von der Anzahl der Megapixel blenden lassen, und nach wie vor sind Lichtempfindlichkeit und Leistungsfähigkeit der Fotoleuchte bzw. des Blitzes zu verbessern - aber man kann sogar schon mit recht günstigen Smartphones gute Schnappschüsse machen, mit ordentlichen Farben, tadelloser Schärfe und brauchbarem Kontrast. Meist empfiehlt es sich aber, die im Mobilfunkgerät enthaltenen Foto-Verfremdungs- und Nachbearbeitungsmöglichkeiten nicht zu nutzen, sondern dies am heimischen PC durchzuführen - im Sinne bestmöglicher Qualität. Teure Smartphones, die in FullHD Videos aufzeichnen können, wissen oft zu begeistern - die Qualität ist besser als die des 2 Jahre alten FullHD Camcorders, der damals teurer war als das ganze Smartphone. Hier geht die Technik enorm schnell voran, nur wirklich hochwertige Consumer-Camcorder weisen die Smartphones in aller Deutlichkeit in die Schranken. 

Kamera bei 3D-Smartphones mit Doppellinsensystem

Ob man eine Kamera benötigt, die Aufnahmen in 3D ermöglicht, sollte jeder Anwender für sich entscheiden - wir halten es definitiv nicht für notwendig, zumal es klar sein dürfte, dass die Ergebnisse zwar respektabel, aber keinesfalls sensationell sind - Besseres verhindert schon der bauartbedingt geringe Abstand der beiden für 3D-Aufnahmen nötigen Linsen voneinander. Objekte, die in geringere Entfernung - bis zu 2 Meter - vom Linsensystem entfernt sind, weisen durchaus einen ordentlichen 3D-Effekt auf, bei Objekten, die sich in weitere Entfernung befinden, ist der Effekt aber nicht mehr allzu deutlich. 

Viele AV-Hersteller  - hier Denon und Yamaha - bieten kostenlose Apps zur Steuerung von UE-Komponenten

Sogar Video-On-Demand ist mit dem Smartphone möglich

Mehr Download-Speed dank LTE - auch der Upload wird schneller - hier das LG Optimus LTE

Auch Samsung mischt bei LTE-Smartphones mit - mit dem Samsung Galaxy S2 LTE

Schon ohne LTE werden teils schnelle Übertragungsstandards offeriert

Die Nachteile der Apps haben wir oben schon aufgeführt, selbstverständlich gibt es auch Vorzüge - viele, auch nützliche Programme, gibt es kostenlos, als Beispiel sei nur die AV-Welt genannt:  Apps zur Steuerung von UE-Komponenten mittels iPhone/iPod Touch/iPad bzw. mittels Android Smartphone gibt es von vielen Herstellern. Auch die Apps vieler Nachrichtensender sind zu loben, das tägliche TV-Programm. Börsenkurse, das Neueste vom Sport, all dies kann man sich aufs Smartphone holen. Noch suboptimal sind die hohen Kosten der Telefon-Provider für intensive Nutzung der Datenverbindungen: Günstige Tarife sind zwar auch oft als Flat ausgeführt, aber leider volumenbasiert, und 10, selbst 50 MB als Datenvolumen (ist das Maximum erreicht, wird die Datenverbindung drastisch verlangsamt) sind enorm schnell verbraucht: Ein paar Bilder auf Facebook hochgeladen, ein paar Games heruntergeladen, die E-Mails gecheckt, und das wars. Tarife mit höherem Datenvolumen lassen sich die Anbieter immer noch fürstlich honorieren. Aufpassen sollte auch der, der sich z.B. darüber freut, dass sein Smartphone z.B. beim Download HSPDA mit bis zu 14,4 oder sogar 21,1 Mbps unterstützt: Zum einen sind die hohen Downloadraten nur in Ballungsräumen überhaupt verfügbar, zum anderen "hauen" viele Verträge bei 7,2 oder sogar bei 3,6 die Bremse rein, höhere Downloadraten werden nicht unterstützt. Wer sie nutzen möchte, braucht einen teureren Vertrag bzw. muss diese Option hinzu kaufen. Im Moment ist dank LTE (Long Term Evolution, 4G) der Markt im Umbruch, LTE (wird z.B. vom neuen iPad 3, aber auch vom Samsung Galaxy S2 LTE und vom LG Optimus LTE ) offeriert deutlich schnellere Up- und Downloadzeiten. Die ersten Mobilfunkanbieter werben bereits kräftig damit. 

Dual Core-Pionier: 4 Zoll-Smartphone LG P990 Optimus Speed

Mehr Rechenleistung durch Dual Core-Prozessoren

Beim mobilen Gaming braucht man Grafik- und Prozessorleistung

Das Smartphones schneller werden - dank leistungsfähigerer Prozessoren - stimmt schon, nun folgt das große Aber: Viele Apps werden auch immer aufwändiger, das heißt, üppige Rechenleistung ist nicht Kür, sondern Pflicht. Das relativiert die Dual Core-Power vieler Smartphones. Sicher, bei vielen kleineren Anwendungen merkt man schon die "Kraft der zwei Herzen" - aber für manche große App sollte man sogar zwingende auf ein Dual Core-befeuertes Smartphone setzen. 

High Tech Pur: HTC One X mit Quad Core-Prozessor und 1280 x 720 Pixel-4,7 Zoll-Display

Möchte man Zeitschriften mit dem Smartphone lesen, ist ein hoch auflösendes Display hilfreich

Kommen wir zum Thema Display-Diagonalen und Auflösung - auch hier gibt es Licht und Schatten. Ob man ein Smartphone mit 4,7 oder 5 Zoll Display braucht, sollte jeder für sich entscheiden - ganz gleich, wie dünn der Kandidat auch ist, es gibt trotzdem Probleme beim Verstauen in der Hosentasche oder im Sakko. 3,5 bis 4,3 Zoll sind praxistaugliche Diagonalen - je nach Einsatzzweck kann man sich hier seinen Wunschkandidaten auswählen. Wenig Nutzen macht aber ein 4 oder 4,3 Zoll Display gerade z.B. beim Gamen oder beim Betrachten von HD-Videoinhalten, wenn nur die seit geraumer Zeit gebräuchliche Auflösung von 480 x 800 Pixel geboten wird. Löblicherweise verwenden, gerade seit dem MWC 2012, immer mehr Hersteller offerieren Auflösungen von 960 x 540 Bildpunkten oder sogar von 1280 x 720 Bildpunkten - dann macht HD auch auf dem Smartphone Spaß.  

 

Text: Carsten Rampacher
Datum: 14.03.2012