Technik: DVD Audio

Einführung

Mit der DVD Video eröffneten sich ihnen neue Dimensionen in Bild und Ton. Der verwöhnte Musikliebhaber aber wandte sich oftmals uninteressiert ab. Verbunden mit der deutlichen Ton-Kompression bei Dolby Digital und DTS, waren die Ergebnisse für verwöhnte HiFi-Fans in Punkto Klangtreue und Präzision noch nicht zufrieden stellend. Nach längerem Hin und Her präsentieren die DVD-Macher dann den Standard DVD Audio, der die hohe Speicherkapazität der DVD neben einigen interaktiven Features wie Informationen über die Künstler oder zu den Musikstücken für reine Audio-Daten ausnutzt. So wird bei DVD Audio linear codiert, und zwar mit Abtastraten von 44,1, 48, 88,2, 96, 176,4 und 192 kHz. Eine maximale Datenrate von 9,6 Mbit/s ist möglich. Damit ist allerdings klar, dass DVD Audio nicht in der Lage ist, für alle der maximal sechs möglichen Kanäle (5.1 Surround-Klang) die maximale Abtastrate (192 kHz) und die maximale Wortbreite (24 Bit) gleichzeitig zu verwenden. Es ist aber technisch möglich, die Abtastraten und die Wortbreiten für die Front- und die Surroundkanäle sowie den Subwooferkanal unterschiedlich zu codieren. Der Nutzen dieser Funktion wird beispielsweise bei Konzertaufnahmen deutlich: Die Frontkanäle dienen der Musikreproduktion, die Surroundkanäle aber ausschließlich der Abbildung des Raums und dem Klatschen des Publikums. In einem solchen Fall versieht der Masteringtechniker die Frontkanäle mit einer höheren Auflösung und Abtastrate als die Surroundkanäle, an die geringere Anforderungen gestellt werden. In der Praxis aber sind meist gleiche Abtastraten bei 5.1-DVD Audio-Discs zu beobachten (entweder 96 kHz/24-Bit oder 48 kHz/24-Bit pro Kanal).

Technik

Setzt man eine lineare Pulse Code Modulation (PCM)-Codierung voraus, so ergibt sich bei einer Single-Layer-DVD (DVD-5) bei Stereoausgangsmaterial und einer 48 kHz-Abtastrate sowie einer Wortbreite von 24 Bit eine Abspielzeit von 258 Minuten.  Bei einer DVD-9 (Eine Seite, zwei Layer, das meistgebräuchliche Format für Spielfilme auf DVD Video) wächst die Spielzeit auf 469 Minuten an. Erhöht man die Abtastrate auf das bei DVD Audio mögliche Maximum von 192 kHz, bleiben im Falle DVD-5 noch 64 und im Falle DVD-9 noch 117 Minuten übrig.  Dies gilt für eine Stereo-Aufnahme, anders sieht es im Mehrkanalmodus aus. Hier ist es zwar, wie schon erwähnt, wegen der maximalen Datenrate nicht möglich, mit einer Abtastfrequenz von 192 kHz zu arbeiten, 96 kHz, kombiniert mit einer Wortbreite von 24 Bit, sind aber realisierbar. Nutzt man dies aus, bliebe bei einer LPCM-DVD noch eine Spielzeit von 43 Minuten (DVD-5) beziehungsweise 78 Minuten auf einer DVD-9. Zu wenig, so die einhellige Meinung der DVD Audio-Macher, also musste die Spielzeit erhöht werden - aber bitte nicht mit Hilfe eines verlustbehafteten Komprimierungsverfahrens.  Im Computerbereich sind verlustfreie Packing-Verfahren nichts besonders. Viele PC-Anwender werden das Programm "WinZip" kennen, mit dessen Hilfe Dateien effektiv "gepackt", das heißt in der Dateigröße reduziert werden können, um so den Versand via e-mail oder das Abspeichern auf einer CD-R oder einer Diskette zu erleichtern. Nach dem "Entpacken" des Programms ist dann wieder alles im Ursprungszustand, also kein Verlust ist durch das "packen" von Daten entstanden. Nach diesem Prinzip arbeitet nun auch "Meridian Lossless Packing", kurz MLP genannt.  Hier ist das decodierte Audiosignal mit dem PCM-Signal bitidentisch, MLP decodiert mit hoher Präzision Bit für Bit. Wie stark komprimiert wird, hängt vom Programmmaterial und von den eingestellten Parametern ab. Umso höher die Bitrate und die Auflösung, umso höhere Bitraten lassen sich erreichen. Gebräuchlich sind Kompressionswerte zwischen 1,3 und 1,7 erreicht, aber teilweise auch deutlich höhere Werte bis zu 50 Prozent. Anders ausgedrückt: MLP kann die Spielzeit einer DVD Audio von 25 bis 55 Prozent erhöhen.  

Die nun folgende Tabelle soll einen kurzen Vergleich zwischen der herkömmlichen CD, der DVD Video und der DVD Audio geben.

DVD Audio: Systemvergleich

System Compact Disc DVD Video DVD Audio
Auflösung (in Bit) 16 16/20/24 16/20/24
Abtastrate (in kHz) 44,1 48/96 44,1/48/88,2/96/176,4/192
Maximale Datenrate für Audio (in Mbit/s) 1,4 6,1 9,6
Verlustlose Kompression Nicht möglich Nicht möglich Möglich via MLP
Beste Qualität 2-Kanal PCM-Ton 16 Bit/44,1 kHz 24 Bit/96 kHz 24 Bit/192 kHz
Beste Qualität 5-Kanal PCM-Ton Nicht möglich Nicht standardisiert 24 Bit/96 kHz
Maximale Spieldauer (Min.) 74 ~ 410 (DVD 5) ~ 600 (DVD 5)

Tabelle: Denon

Erläuterungen zu den Auflösungen und Abtastraten: Die Angabe 96 kHz/24 Bit bedeutet zum Beispiel, dass sich ein entsprechender Wandler im DVD-Player 96000mal pro Sekunde und Kanal mit Hilfe von 16777216 (24 Bit) verschiedenen Spannungsstufen an das analoge Signal annähern kann und somit eine viel exaktere tonale Reproduktion ermöglicht als eine CD dies von ihren technischen Eigenschaften her kann: Denn die CD bescheidet sich, wie der Tabelle zu entnehmen ist, mit 44,1 kHz (= 44100mal pro Sekunde) und 16 Bit, was 65536 Spannungsstufen entspricht.  

Aufbau

Der Inhalt einer DVD Audio nennt sich "Album", das in bis zu neun Gruppen aufgeteilt werden kann. Über eine Gruppe lässt sich zum Beispiel Material mit anderen Audioformaten oder Codierungen zusammenfassen. Was nicht möglich ist: Direktes Umschalten zwischen den einzelnen Gruppen, was den Bedienkomfort schmälert. Jede Gruppe kann bis zu 99 Tracks umfassen, jeder dieser Tracks kann wiederum in bis zu 99 Indizes aufgesplittet werden.

Anschluss 

DVD-Audio oder die Renaissance der Cinch-Kabel: Hochwertige Cinch-Kabel sind - zumindest vorerst - wieder gefragt. 192 kHz/24 Bit-Aufnahmen oder Musikstücke, die in 96 kHz/24 Bit-Fünfkanaltechnik aufgenommen werden, können beim Anschluss des Players via optischem oder koaxialem Digitalkabel nicht entsprechend wiedergegeben werden, denn: Das Maximale, was über ein optisches oder koaxiales Digitalkabel übertragen werden kann, ist 96 kHz/24 Bit-Zweikanal. Momentan sind verschiedene Systeme zur digitalen Übertragung auch von 96 kHz/24-Bit 6-Kanal beziehungsweise 192 kHz/24-Bit 2-Kanal im Gespräch, die Entwicklung ist eigentlich so gut wie abgeschlossen, manches System ist in wenigen Geräten auf dem Markt sogar bereits im Einsatz. Dass es noch keine "offiziell abgesegnete" digitale Schnittstelle zur Wiedergabe von DVD Audio-Klang in der vollen möglichen Bandbreite gibt, hat seine Ursache vor allem in Bedenken bezüglich des Kopierschutzes. 

Wer also höchste Klangqualität bei DVD Audio genießen möchte, schließt seinen DVD Audio-Player mit denen schon vom Anschluss eines DVD-Player-internen Decoders her bekannten sechs einzelnen Cinch-Kabeln an einen Verstärker/Receiver mit 5.1-Eingang an. Und dieser Eingang am Verstärker/Receiver sollte 100 kHz-tauglich sein, um auf die 192 kHz Abtastfrequenz bei DVD Audio-Aufnahmen vorbereitet zu sein. 

Wie sind die 100 kHz-Tauglichkeit und die 192 kHz Abtastfrequenz in Einklang zu bringen? Des Rätsels Lösung liegt im Zusammenhang zwischen Abtast- und Nutzsignal: Nach dem Abtasttheorem des Mathematikers Shannon kann man mit einer bestimmten Abtastfrequenz höchstens ein Nutzsignal codieren, das keine höheren Anteile als die Hälfte der Abtastfrequenz in sich trägt - sonst treten schwerwiegende Fehler auf: Im Falle einer 192kHz-Aufzeichnung heißt das, dass fehlerlos Tonfrequenzen mit maximal 192 : 2, also mit 96 kHz, wiedergegeben werden können, die dann via Cinch in den Analogeingang des Receivers hineinströmen. Somit sind Verstärker/Receiver mit 100 kHz-tauglichen Eingang für alle DVD Audio-Formate geeignet.

 

Klangqualität

Wer im direkten Vergleich eine herkömmliche Audio-CD hört, kann live miterleben, dass die DVD Audio ein neues Kapitel in punkto Klangtreue aufschlägt: Die DVD-Audio-Aufnahmen kamen in kristallklarer Auflösung zum Zuhörer  - vor allem im 192 kHz/24-Bit-Zweikanal-Modus, aber auch bei 96 kHz/24-Bit-5.1.Kanal-Aufnahmen ist das Klangerlebnis beeindruckend. Besonders Klassik- und Jazzfans dürfen sich freuen, konnte mit der Abtastfrequenz und der Auflösung einer bisherigen CD gerade ihre Lieblingsmusik nur mit Einschränkungen wiedergegeben werden: Aufgrund der technischen Defizite der CD klangen Instrumente wie zum Beispiel ein Saxophon oder eine Violine zu wenig differenziert und zu mittenbezogen. Gerade der bei einem Streichinstrument fein auflösende Hochtonbereich kam nicht annähernd in Originalqualität herüber. DVD Audio schafft hier einen Quantensprung: Fein gestuft und auch in kleinen Details präzise kommt der Klang der Instrumente zum Zuhörer, mit stets einwandfreier Ortbarkeit und einem nicht zu verschwommenen und unpräzisen Klangbild, welches Nuancen gerne untergehen lässt.  

Equipment

Der klangliche Unterschied zwischen einer CD und einer DVD Audio ist mit einem guten Lautsprechersystem nachvollziehbar. Dieses muss sich nicht in der Preisklasse ab 10.000 EUR aufwärts bewegen, sondern kann sich durchaus noch in finanzierbaren Dimensionen (ab ca. 2500 bis 3000 EUR) aufhalten. Klar ist, dass mit einem Subwoofer/Satellitensystem aus dem Elektroniksupermarkt oder dem Onlinediscounter kein DVD Audio-Genuss möglich ist. Im Idealfall sollte der Hörraum für die DVD Audio-Wiedergabe mit fünf identischen Lautsprechern ausgerüstet werden. Da dies in der Praxis jedoch eher selten möglich sein wird, sollte man bei der Lautsprecher-Ausstattung vor allem bei den Frontlautsprechern auf ein sehr gutes Wiedergabevermögen im Hochtonbereich und auf eine saubere, präzise Basswiedergabe achten. Der Centerlautsprecher sollte möglichst groß dimensioniert sein und zu den anderen Lautsprecher passen. Welche Lautsprecher hinten zum Einsatz kommen, hängt zu einem wesentlichen Teil auch von der Raumakustik, den Platzverhältnissen und dem Geschmack des Hörers ab. Auf jeden Fall sollte es sich aber um hochwertige Lautsprecher handeln, die unbedingt, im Sinne einer maximalen klanglichen Harmonie, vom selben Hersteller wie die Frontboxen sein müssen. Den Einsatz eines Subwoofers sollte man gut abwägen und letztendlich nach dem persönlichen Hörgeschmack entscheiden. Bei der Einstellung und Auslegung des Subwoofers ist unbedingt zu beachten, dass der aktive Basslautsprecher auf jeden Fall in der Lage sein muss, einen trockenen und absolut präzisen Bass zu erzeugen. Die Übernahmefrequenz sollte nicht zu hoch angesetzt werden. 

Autor: Carsten Rampacher
07.10.2002