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Fable III

Genre

(Action-)Rollenspiel

System(e)

Xbox 360

Anbieter

Microsoft (2010)

Altersfreigabe

USK 16

Auflösungen

480p, 720p, 1080i, 1080p

Sprache(n)

Deutsch (Sprachausgabe + Bildschirmtexte)

Multiplayer

Xbox Live
Steuerung Gamepad

VÖ-Termin

05.11.2010

Wir wollen nicht die Ersten, sondern die Kritischsten sein - unsere Testphilosophie

Inhalt/Gameplay

Beim Blick auf die absoluten Spieleklassiker der letzten 20 Jahre wird man einen Namen besonders häufig lesen: Peter Molyneux. Der 51-jährige Spieledesigner verschaffte sich schon mit seinen frühen Werken große Bekanntheit in der Gaming-Szene, da Titel wie Populous, Syndicate, Theme Park oder Dungeon Keeper gleichermaßen durch Innovation wie Spielwitz begeisterten. Die letzten Jahre beschäftigte sich der Engländer mit der Rollenspielserie "Fable", die sich ebenfalls einer großen Fangemeinde erfeuen darf und deren dritter Teil vor einigen Tagen das Licht der Spielewelt erblickt hat. Unser Test soll klären, ob Fable III den Erwartungen gerecht wird, die durch den vielfach prämierten Vorgänger sehr hoch liegen.

Die Rahmenhandlung von Fable III ist schnell erzählt: rund 50 Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängerspiels leidet das Land unter einem ausbeuterischen König. Als dessen Bruder bzw. Schwester (je nach Wahl zu Beginn des Spiels) wollen und können wir dies nicht mehr mitanschauen. Daher beginnt die Story damit, dass der Spieler als Prinz bzw. Prinzessin heimlich das Schloss verlässt, um eine Revolution in Gang zu bringen. Als treue Verbündete stehen dem Spieler dabei sowohl sein Kampflehrer sowie persönlicher Butler zur Seite. Die nächsten Spielstunden sind davon geprägt, verschiedene Stämme/Völker/Gruppierungen durch Erledigung von Quests für die Revolution zu gewinnen. Meistens bestehen die Aufgaben darin, bestimmte Wegstrecken zu Durchqueren und dabei den Bestand an virtuellen Unholden zu dezimieren. Die zahlreichen Kämpfe mit Söldnern, Tieren und Monstern sind stilistisch gut inszeniert. In Bezug auf die KI erweisen sich die Widersacher als verhältnismäßig geschickt, indem meist versucht wird, den Spieler zu umzingeln. Dank einer eingängigen "Ein-Knopf-Steuerung" (Angriff via Stichwaffe, Schusswaffe sowie Magie sind auf die Tasten A, Y und X verteilt) kann man sich komplett auf Kampfgeschehen konzentrieren, ohne bestimmte Tastenkombinationen lernen zu müssen. Leider bietet Fable III keinen einstellbaren Schwierigkeitsgrad, zumal das Gesamtniveau relativ niedrig anzusetzen ist. Geübte Spieler können mit sinnvollem Einsatz von Gesundheitstränken sogar ohne einen einzigen Bildschirmtod bis zum Ende vorstoßen. Etwas enttäuschend sind die eingestreuten Bosskämpfe, bei denen List bzw. Intelligenz weitaus weniger gefragt ist, als pure Feuerkraft. Abseits der Actionelemente bzw. Storyline bietet Fable III viel Beschäftigungspotential: der Spieler kann diversen Nebenquests nachgehen, sich als Wirtschaftsmagnat (Kauf und Vermietung von Häusern) versuchen, oder das virtuelle Konto durch fleißiges Knöpfchendrücken als Barde, Schmied oder Bäcker aufbessern. Bei der Reise durch Albion trifft der Spieler auf zahlreiche Charaktere, mit denen er in mannigfaltiger Form interagieren kann: das Spektrum reicht dabei vom Feilschen über günstige Preise bis hin zum Geschlechtsverkehr. Im Detail stellt man hierbei jedoch erste größere Unterschiede zum Vorgänger fest, denn das Interaktionsmenü erweist sich als deutlich gestrafft und erlaubt weniger eigene Entscheidungen. Auch das Erlernen von Fähigkeiten sowie die Verwaltung seiner Habseligkeiten wurde bei Fable III geändert. Anstelle einer klassischen Inventarliste tritt nun ein jederzeit betretbarer Unterschlupf in einer Paralleldimension, wo verschiedene Räume zum Zweck der Ausrüstung mit Waffen, Zaubersprüchen sowie Kleidung zur Verfügung stehen. Für kleine Artikel wie Tränke, Geschenke oder andere Kleinteile bleibt dabei leider kein Platz, so dass die Sammelleidenschaft sichtlich beeinträchtigt wird. Charakerupdates (z.B. für verbesserte Magie) erwirbt man nicht mehr durch das (teure) Kaufen von entsprechenden Büchern bei einem Händler, sondern schaltet diese über gesammelte Gildensiegel (gibt es für Spielfortschritte sowie Interaktion mit anderen Non-Player-Charakteren) auf der sogenannten "Siegesstraße" frei, die ebenfalls als Paralleldimension gehalten ist und bei Bedarf betreten werden kann. Durch all diese neuen Ebenen erfährt Fable III insgesamt den Nachteil, weitaus weniger Spielfluss zu entwickeln. Dazu passt auch der Umstand, dass der Spieler häufig vor einem (hässlichen) Ladebildschirm sitzt, weil die einzelnen Levelabschnitte oft sehr klein gehalten sind. Es ist keine Seltenheit, dass der Spieler bei einem Quest innerhalb von 3 Minuten ganze 5 mal für 30 Sekunden auf diese Weise vom Spielgeschehen rausgerissen wird. Außerdem sind manche Übergänge völlig unharmonisch, wie z.B. zwischen einzelnen Stadtteilen von Bowerstone, wo man vom Marktplatz quasi direkt nach dem Ladebildschirm in einer Waldgegend landet. Fable II bot diesbezüglich weitaus größere Locations sowie fließendere Übergänge. Als Neuerungen wirbt Peter Molyneux mit diversen XBOX-Live Features (gemeinsames Spielen mit Freunden in einer Fable III Sitzung), sowie einer Waffenoptik die sich nach der Kampfweise des Spielers entwickelt. 

Grafik  83 %

m Gegensatz zum Spielinhalt ist die Zeit in grafischer Hinsicht gegenüber Fable II stehengeblieben. Dies ist jedoch grundsätzlich nicht schlimm, denn schon der Vorgänger beeindruckte mit einer insgesamt gelungenen Optik. Leider versäumten die Entwickler, die wenigen technischen Schwachstellen zu optimieren, so dass auch Fable III mit aufpoppenden Texturen zu kämpfen hat. Die Framerate erlaubt fast immer ein absolut flüssiges Spielvergnügen und rutscht nur in Einzelfällen in ruckelige Gefilde ab. Gegenüber vielen ähnlichen Spielen positioniert sich Fable III als "Feel-Good-Game": viele Elemente sind in hellen, freundlichen Farben gehalten. Richtig dunkle/düstere Spielszenen gibt es nur sehr selten. Auch die Ausleuchtung liegt auf einem sehr hohem Niveau, was der Weitsicht in Dungeons sichtlich zugute kommt. Die generell hohe Bildschärfe zieht sich bis zum Horizont hindurch, so dass sich einerseits ein sehr informationsreiches Gesamtbild ergibt, während gleichzeitig durch den Verzicht auf verschiedene Schärfeebenen keine hohe Dreidimensionalität erzielt wird. Besonders zu loben sind die vielen kleinen Details, mit denen die Programmierer in Bezug auf Texturvielfalt und -qualität sowie dem Modellierungsgrad gearbeitet haben. Zu keinem Zeitpunkt erlangt man den Eindruck einer "Baukastengrafik", wie es speziell im Rollenspielsegment öfters zu beobachten ist. Auch die Animationen gehören zur absoluten Spitzenklasse und glänzen durch große Vielfalt und Geschmeidigkeit. Abgesehen von leicht verpixelnden Feuer-/Explosionsgrafiken ist auch die farbenprächtige Umsetzung von diversen Effekten hervorragend geraten, was sich besonders bei den Zaubersprüchen zeigt. 

Ton  90 %

Das technische Aushängeschild von Fable III stellt eindeutig die Akustik dar, die vor allem vom hervorragendem Score geprägt ist. Die In-Game Musik zeichnet sich durch Variantenreichtum, Abmischungsqualität sowie feingliedriger Integration aus. Doch auch die Soundeffekte befinden sich auf höchstem Niveau, so dass die Duelle mit differenziert dargestellten Waffengeräuschen aufwarten können. Außerdem verfügt das Spiel über eine große Anzahl Effektkanäle, die in Kombination mit der glasklaren Abmischung eine immense Klangtransparenz generieren. Die Surroundkulisse wird intensiv sowie feinfühlig genutzt, indem die Rearspeaker nicht durch übermäßige Prägnanz sondern harmonische Einarbeitung glänzen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Lautsprechern erfolgen dabei sehr flüssig, so dass sich ein geschlossenes Klangambiente ergibt. Die Sprachausgabe glänzt nicht nur inhaltlich/künstlerisch durch hervorragende Leistungen, sondern ist auch in Bezug auf das Differenzierungsvermögen absolut referenzwürdig. Naturgemäß haben die Subwoofer bei einem Rollenspiel eher weniger zu tun, doch im Rahmen der Möglichkeiten (z.B. beim Bombardieren der hohlen Männer mit Hilfe eines Mörsers) schöpft Fable III auch den LFE Kanal sehr gut aus. Abzüge in der B-Note verlangen lediglich einzelne Fehler, wie z.B. die frontlastige Positionierung von Stimmen während einiger In-Game Erzählsequenzen sowie sehr seltene Übersteuerungen der Sprachausgabe.

Fazit und persönliche Wertung von Lars Mette:

Fable III hat mich enttäuscht - allerdings auf hohem Niveau. Wo mich der Vorgänger desöfteren durch Spielwitz, Leveldesign und Gänsehautatmosphäre beeindruckt hat, kommt beim aktuellen Ausflug nach Albion eher selten Stimmung auf. Dies ist vor allem durch die Verlagerung auf Action sowie stark wiederholender Passagen begründet. Peter Molyneux hat beim Designen zwar das Gameplay straffen wollen - es dann meiner Meinung nach letztendlich aber mit "Ausdünnen" verwechselt. Ich vermisse ein Inventar, das Suchen nach Gegenständen in Kisten und Schränken, sowie viele andere Details. Durch das Heldenportal mitsamt "Universal-Teleporter", den unsauberen Levelübergängen und den vorgegebenen Einsatzmöglichkeiten für Power-Ups, entfaltet sich bei mir kein richtiges Rollenspiel-Feeling. Wo ich z.B. beim Vorgänger motiviert war, Geld für bessere Waffen zu verdienen, sah ich in Fable III keinen besonderen Anlass für entsprechende Investitionen und kämpfte mich mit dem Standardschwert bis zum Schluss durch. Und da mich das Gründen einer virtuellen Familie oder die Vermietung von Häusern innerhalb Fable III genauso wenig interessiert wie die Tabellensituation im chinesischen Frauenfußball, konzentrierte ich mich auf die Storyline. Obwohl jene Handlung recht konservativ ausfällt (und mit rund 15 Stunden schnell durchgespielt ist), liegt in ihrer cineastischen Erzählung einer der Pluspunkte des Spieles. Fable III ist leicht zugänglich, gut strukturiert und bedient sich einer mitreißenden Präsentation. Kein Anwender wird sich mit einer überladenen Steuerung auseinander setzen müssen, während er technisch auf hohen Niveau (inkl. Bilderbuchgrafik sowie hollywoodwürdigem Soundtrack) an den Geschehnissen teilhaben darf. Die FSK16 Kategorisierung mag wegen des märchenhaften Stils zunächst lächerlich erscheinen, doch angesichts von Statistiken über maximale Partner beim Gruppensex bzw. vom Spieler befohlene Exekutionen (übrigens schon direkt nach Spielbeginn), kann man dies doch nachvollziehen, zumal es bei den Kämpfen auch nicht immer völlig zimperlich zur Sache geht. Insgesamt bleibt Fable III in meiner Gunst unterhalb des ausgezeichneten Vorgängers, was aber immer noch für ein "gutes" Testprädikat ausreicht, denn schließlich bleiben genügend spielerische, erzählerische und technische Highlights übrig, wegen denen sich ein Kauf für actionorientierte Rollenspieler auf jeden Fall lohnt. 

Test und Redaktion: Lars Mette